Lippische Landeszeitung vom 09.09.2023, S. 10 (Tageszeitung / täglich ausser Sonntag, Detmold)
Rubrik im PS: | Nahverkehr Westfalen-Lippe |
Autor: | Carolin Brokmann-Förster |
Auflage: | 31.962 |
Reichweite: | 66.801 |
Ressort: | Kreis Lippe |
Quellrubrik: | 201-LZ |
Die Bahn hat massive Probleme
Zugausfälle, Störungen, Baustellen: Die Schwierigkeiten im ÖPNV, insbesondere bei der Bahn, sind groß. Die Sprecher von Eurobahn und Nahverkehrsverband geben einen Überblick.
Kreis Lippe. "Die ständigen Verspätungen und Zugausfälle bei der Eurobahn sind ein einziges Ärgernis. Auf meiner täglichen Pendelstrecke Detmold – Gütersloh (RE82 / RB72) war in den vergangenen zwei Wochen nicht ein einziger Tag, an dem meine Verbindungen so geklappt haben, wie sie vorgesehen waren", schreibt ein verärgerter Leser der LZ. Und er ist nicht der Einzige, der sich über die Mängel beim Regionalexpress und der Regionalbahn beschwert.
Ein anderer kritisiert die fehlende Information am Gleis, es sei ein "Bahnchaos". Wieder ein anderer Leser stellt auf den Fachkräftemangel ab und führt das auch darauf zurück, dass es immer "weniger Wertschätzung dem Personal und der Dienstleistung gegenüber" gebe. Fakt ist: Auf vielen Strecken häufen sich momentan die Probleme. Und das auch in Lippe.
Verkehrswende, 49-Euro-Ticket, Zugausfälle – das passt nicht zusammen, bestätigt Uli Beele, Sprecher des Zweckverbands Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL). "Seit geraumer Zeit haben wir ein massives Personalproblem in der gesamten Branche", weiß er. Stichwort Fachkräftemangel. Und ist die Personaldecke dünn, wirken sich Ausfälle bei Krankheit und Urlaub extrem aus. Insbesondere seit der Pandemie würden Bahn-Mitarbeiter verstärkt von Fahrgästen – verbal, aber auch körperlich – angegangen, weiß Eurobahn-Sprecherin Nicole Pizzuti. Kein Wunder, dass dann auch Regenerationsphasen erkrankter Mitarbeiter länger dauerten.
So komme es trotz Bereitschaftspersonal und Springern zu Ausfällen. Dabei verstehe sie jeden Fahrgast, der wütend wird, wenn sein Zug nicht kommt. Doch was tun? "Wir rekrutieren Mitarbeiter auf allen Ebenen", sagt Nicole Pizzuti, doch nicht nur die Bahn-Branche ist vom Fachkräftemangel betroffen.
Außerdem gebe es Schwierigkeiten bei Ersatzteil-Lieferungen, ergänzt Beele. Und insbesondere in Westfalen-Lippe schlügen die vielen Baustellen zu Buche. Die Infrastruktur sei alt, es sei zu lange gewartet worden "und jetzt kommt alles alles auf einmal", betont Pizzuti. Die Baumaßnahmen nehmen zu, gerade auch in Ferienzeiten. Doch darauf haben Anbieter wie Eurobahn & Co. keinen Einfluss.
"Wir steuern bereits mit Initiativen auf Landesebene gegen den Personalmangel, passen Verträge mit den Unternehmen an, um mehr Spielraum zu schaffen", sagt Beele. Doch selbst kleine Erfolge hier lösten das Problem allgemein nicht.
Verkehrswende ja, auch wenn diese deutlich zu spät komme. Doch alleine könne die Branche das nicht wuppen und benötige Hilfe aus der Politik. Auch in puncto Familien- und Arbeitsmodelle, denn hier sieht Nicole Pizzuti insbesondere bei Frauen viel Potenzial. Vieles könne ein Unternehmen leisten, aber dazu brauche es eben auch Rahmenbedingungen von oben.
Klaus Hansen, lippischer Landtagsabgeordneter der CDU sagt, das Problem mit dem ÖPNV auf der Schiene sei auch auf Landesebene bekannt, Politik, Bahn und Anbieter seien im Austausch. Allerdings: "Die Strecken sind privatwirtschaftlich von den Unternehmen übernommen worden, dann ist es auch deren Aufgabe, dass die Strecken laufen." Nichtsdestotrotz wolle man helfen: Ein Antrag sei auf den Weg gebracht worden, "damit auch die kleinen Strecken Hilfe bekommen", wie er sagt.
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