Nahverkehr Westfalen-Lippe

Münstersche Zeitung, Westfalen-Anzeiger vom 07.09.2023 (Tageszeitung / täglich ausser Sonntag, Münster)

        
Rubrik im PS:Nahverkehr Westfalen-Lippe
Autor:Jonas Wiening
Auflage:12.500
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Ressort:rruna
Seitentitel:rruna

Personalmangel und hohe Krankenstände

Eurobahn am Limit

Aktuell häufen sich wieder die Zugausfälle auf der Strecke der RB 67 von Bielefeld über Warendorf bis Münster. Auch andere Eurobahn-Strecken sind betroffen. Das Unternehmen ist – wie die ganze Branche – am Limit und spricht Klartext.

Warendorf

"Aufgrund eines kurzfristigen Personalausfalls kommt es auf der Linie RB 67 leider vorübergehend zu Einschränkungen" oder "Aufgrund kurzfristiger Erkrankung von Personal kommt es auf den Linien RB 67 und RB 71 leider vorübergehend zu Einschränkungen." Auf dem Kurznachrichtendienst "X", vormals Twitter, trudeln diese oder ähnliche Meldungen zurzeit mehrfach täglich ein. Absender ist die Eurobahn selbst, Betreiberin der Strecken. Zugausfälle und Verspätungen stehen aktuell – mehr als ohnehin schon – an der Tagesordnung.

Dabei hatte der Zweckverband Nahverkehr Westfalen Lippe (NWL) den Vertrag mit der Eurobahn als Betreiberin auf gleich vier Zugstrecken (RB 67, RB 71, RB 73 und RE 82) um weitere drei Jahre bis Dezember 2028 verlängert. Das Bahnunternehmen sieht das laut Pressemitteilung als Vertrauensbeweis an und spricht davon, die bisherigen Leistungen fortzusetzen.

Viele Fahrgäste dürften diese Meldung bei den aktuellen Problemen mit Zugausfällen und Verspätungen genervt zur Kenntnis nehmen. Eurobahn-Sprecherin Nicole Pizzuti sagt dazu: "Ich kann die Verärgerung bei den Fahrgästen verstehen. Aber ich kann sagen: Wir geben unser Bestes. Wir sind – und das ist kein Marketinggag – Eisenbahner mit Herz."

Aktuell gäbe es aber einen besonders hohen Krankenstand, viele Mitarbeiter würden langfristiger ausfallen. Und generell herrsche Personalmangel. Das Unternehmen setze alle Hebel in Bewegung, damit die Auswirkungen so gering wie möglich ausfallen würden, heißt es. So würde es immer eine Bereitschaft geben, die einspringen könne, Kollegen aus der Verwaltung mit entsprechender Qualifizierung würden Züge fahren, es würde temporäre Versetzungen geben. "Aber auch damit können wir nicht immer alles auffangen. Irgendwann sind wir am Limit", so Pizzuti.

"Das alles sind auch keine reinen Eurobahn-Probleme, es betrifft die ganze Branche", sagt Pizzuti, die sich schützend vor die Lok- und Zugführer und alle anderen Mitarbeiter stellt. In den vergangenen Jahren seien viele Fahrgäste zudem deutlich respektloser geworden. "Man muss klar sagen: Die Menschheit verroht", wird sie deutlich. Die Passagiere würden zum Teil nicht nur verbal aggressiv gegenüber den Zug- oder Lokführern auftreten, in Einzelfällen sei es auch schon zu tätlichen Angriffen gekommen.

Bei solchen Aktionen könne man dann verstehen, dass manche Mitarbeiter ausgelaugt seien und die Regenerationszeiten bei Krankheit länger dauern, so Pizzuti, die sagt: "Es ist eine Art Teufelskreis. Es kommt zu Verspätungen und Ausfällen, die Fahrgäste sind deshalb sauer und werden teilweise aggressiv, weswegen die Lok- und Zugführer schneller gestresst sind und krank werden, was wiederum noch mehr Ausfälle und Verspätungen bedeutet."

Abbildung: Hier ist die Eurobahn pünktlich: In Warendorf nutzen viele den Zug, um in Richtung Münster oder Bielefeld zu fahren.