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Kitas nicht mehr „am Katzentisch“? Nun ist Schulbehörde zuständig
Künftig kümmert sich die Schulbehörde um Hamburgs Kitas. Die Träger begrüßen das- erwarten aber auch, dass die Stadt ihre Versprechen einlöst.
Hamburgs Kitas sind künftig bei der Schulbehörde angesiedelt. Kitagutscheine, frühkindliche Bildung, Vorschule: Was Träger sich von ihrer neuen Senatorin Ksenija Bekeris (SPD) erwarten. © Getty Images | lisegagne
Hamburg lässt die Schulen und die Kitas näher zusammenrücken. Zwar (noch) nicht räumlich, aber politisch. Im neuen Senat liegt das Thema Kitas beziehungsweise Familien nicht mehr bei der Sozialbehörde wie bislang, sondern ist im Bildungsressort bei Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) angesiedelt.
Hamburger Kitaträger äußern sich diesbezüglich einhellig positiv. Kitas und Schulen nun unter ein Behördendach zu bringen, halten sie für absolut sinnvoll, wenn nicht überfällig. Stichwort: frühkindliche Bildung . Auch die kitapolitischen Ankündigungen im Hamburger Koalitionsvertrag begrüßen sie - sofern es nicht an der Umsetzung hapert, klar. Im Abendblatt erzählen Hamburgs Kita-Experten, was sie von „ihrer“ neuen Senatorin erwarten.
Kitas jetzt in Schulbehörde angesiedelt: Hamburg will „Stadt der guten Bildung“ sein
„Stadt der guten Bildung“, wie das entsprechende Kapitel im rot-grünen Koalitionsvertrag überschrieben ist, sei ein Motto, das sie sich gern auf die Fahnen schreibe, sagt Anja Zettel. Sie ist Geschäftsführerin des privaten Trägers KMK Kinderzimmer, der stadtweit in mehr als 40 Einrichtungen rund 4000 Kinder betreut.
Was Hamburg in Sachen Kita vorhabe, hebe sich positiv von den Signalen ab, die die Bundesregierung sendet, findet Zettel: „Den Koalitionsvertrag des Bundes habe ich wenig begeistert, um nicht zu sagen enttäuscht, gelesen. Hamburg hingegen zeigt mit seinem Koalitionsvertrag, dass es frühkindliche Bildung wirklich als Bildungsaufgabe versteht. Es ist selten, dass man schwarz auf weiß liest, dass Kitas als echte Bildungsorte in der Bildungskette mitgedacht werden - und nicht nur als Betreuungsstätten.“ Doch gesagt ist noch längst nicht getan. Jetzt erwarten Einrichtungen, Träger und Verbände, dass Bekeris und ihre Behörde Nägel mit Köpfen machen. Aus Zettels Sicht müsste dafür zunächst der Dialog zwischen Kitas und Behörde verstärkt werden: „Ich wünsche mir, dass der Koalitionsvertrag eine Grundlage, vielleicht sogar eine Einladung ist, dass Stadt und Träger in einen Machbarkeits-Dialog treten. Was braucht es konkret, um die vielen guten Absichten in die Praxis zu bringen — ohne an realen Hürden zu scheitern?“, sagt sie. Die Kinderzimmer-Geschäftsführerin hofft zudem, „dass Kitas jetzt — zum Beispiel bei Bildungskonferenzen - eine gleichwertige Rolle spielen und endlich als echte Bildungspartner anerkannt werden, statt weiter am ‚Katzentisch‘ zu sitzen“.
Kitagutscheinsystem: Träger fordern Ausweitung der Betreuungszeit
Eine Aussage, die vermutlich auch Gabi Brasch, Vorständin des Diakonischen Werkes Hamburg, unterschreiben würde. „Wir sehen das Potenzial mit dem Wechsel der Kita in die Schulbehörde darin, dass Kitas wirklich als erste Bildungsorte von Kindern wahrgenommen werden“, teilt die Diakonie als Trägerin von rund 160 Kitas in Hamburg mit. Der evangelische Träger hebt gleich eine Reihe von Ankündigungen der Stadt als positiv hervor, die im Koalitionsvertrag gemacht werden und langjährigen Forderungen der Träger entsprechen: Besonders erfreut zeigt sich die Diakonie, aber auch viele weitere Träger, zudem darüber, dass die Stadt das Kitagutscheinsystem weiterzuentwickeln gedenkt. Kitagutscheine, die alle Eltern in Hamburg erhalten, garantieren jedem Kind eine tägliche kostenlose Betreuung von fünf Stunden inklusive Mittagessen. Das Entgelt für die Leistung erhalten die Träger dann von der Stadt. Eine Vielzahl von Trägern fordert jedoch die Ausweitung der Gutscheine auf bis zu acht Betreuungsstunden - um berufstätige Eltern zu entlasten, aber auch im Sinne der Chancengleichheit.
Koalitionsvertrag Hamburg: Kitaträger vermissen konkrete Aussagen zur Finanzierung
Anja Zettel von Kinderzimmer benennt den Acht-Stunden-Kitagutschein als „großen Hebel“ zur Verringerung von Bildungsunterschieden. Das gelte „vor allem für Kinder aus finanziell schwächeren oder bildungsfernen Familien. Denn sie brauchen mehr Zeit und gezielte Förderung, um mit den gleichen Chancen in die Schule zu starten wie ihre Altersgenossen.“ Die Grünen hatten eine Ausweitung des Kitagutscheins in ihrem Wahlprogramm zur Bürgerschaftswahl gefordert. Im rot-grünen Koalitionsvertrag ist nunmehr vage formuliert, die Stadt wolle das Kitqutscheinsystem „anpassen und modernisieren“ . Diese vorsichtige Formulierung bemängelt die Diakonie: „Im Großen und Ganzen vermissen wir in dem Koalitionsvertrag Angaben dazu, was wann wie mit welchen Mitteln umgesetzt werden soll.
Insbesondere gilt dies für die Weiterentwicklung des Kitagutscheinsystems“, aber auch die Finanzierung mittelbarer Pädagogik werde im Koalitionsvertrag nicht präzisiert.
Wie können Schule und Kita näher zusammenrücken?
Laut Rolf Mohr, Abteilungsleiter Kinder und Jugend beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), der 15 Kindertagesstätten in Hamburg führt, sendet der Koalitionsvertrag grundsätzlich positive Signale. Doch auch er übt Kritik an dem Papier. Das fange schon damit an, dass die Kitas erstmals auf Seite 141 von 148 auftauchen: „Ich finde es schon mal schade, dass das Thema Kitas erst am Ende des Koalitionsvertrages überhaupt Erwähnung findet — da wird unsere Bedeutung verkannt.“ Mohr vermisst zudem, ebenso wie die Diakonie, an einigen Stellen konkrete Aus- und Zusagen, „zum Beispiel dazu, wie Schule und Kita näher zusammenrücken sollen. Das ist alles sehr oberflächlich beschrieben. Ich hätte mir beispielsweise ein Statement dazu gewünscht, wie die unleidliche Konkurrenz zwischen Kita-Brückenjahr und Vorschulklasse in der Grundschule überwunden werden kann.“
Hamburger Kitas in Konkurrenz zu den Vorschulen
In Hamburg können Eltern entscheiden, ob die Kinder die Vorschule in einer Grundschule absolvieren oder ein Jahr länger in der Kita verbleiben, wo sie ebenfalls an Vorschulangeboten teilnehmen. Kitaträger berichten immer wieder, dass hier eine mal mehr, mal weniger ausgeprägte Konkurrenzsituation entsteht, die weder den Kitas noch den Grundschulen nütze - und Eltern und Kindern schon gar nicht.
Dieses Spannungsverhältnis lässt sich auch aus einer Einordnung der kitapolitischen Vorhaben durch die Diakonie erahnen: „Im Koalitionsvertrag wird davon gesprochen, die Zusammenarbeit zwischen Kitas und Schulen zu intensivieren und mehr Kitas auf Schulgrundstücken und in gemeinsamen Gebäuden zu realisieren“ heißt es. „Wir weisen darauf hin, dass eine gute Zusammenarbeit der beiden Institutionen auch möglich ist, wenn sich diese nicht auf einem Grundstück oder in einem Gebäude befinden. Es kommt darauf an, ob es ein echtes Interesse an der Zusammenarbeit gibt, mit verlässlichen Strukturen.“ ¢ mehr refinanzierte Zeit für mittelbare Pädagogik (also Vor- und Nachbereitung), e der Ausbau von Kitaplatzen für Kinder mit Eingliederungsbedarf, e die Fortführung des Landesprogramms Kita-Plus für Kitas in sozial benachteiligten Stadtteilen e und eine Fachkräfteoffensive.