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Auflage: | 391.896 |
Reichweite: | 2.185.823 |
Ressort: | Aktuelles |
WELT AKTUELL
Antje ist Schmetterlingen auf der Spur
SO KANN JEDER FORSCHER SEIN
BILD der FRAU: Liebe Frau Trapp-Frank, jede Woche gehen Sie die immer gleichen Strecken am Waldrand von Tübingen ab und notieren, welche Tagfalter so rumflattern. Warum?
Antje Trapp-Frank: Die Liebe zu Schmetterlingen habe ich von meinem Großvater geerbt. Er war Tierarzt und züchtete diese schönen Insekten. Auch unser Vater hat uns als Kinder auf Raupen aufmerksam gemacht. 2007 ist mir dann zum ersten Mal aufgefallen, dass es immer weniger Falter gibt. Da wollte ich etwas tun und habe mich beim Projekt "Tagfalter-Monitoring" beworben.
Was hat sich in den 17 Jahren verändert?
Viel. Ich bin wie 386 weitere Schmetterlingszähler bundesweit von März bis September auf den immer gleichen Strecken unterwegs, hier bei uns am Waldesrand und in einem Weinberg. Und leider gehen sowohl die Anzahl der Arten als auch die Anzahl der Individuen zurück.
Das ist erschreckend.
Besonders die Bläulinge und Perlmuttfalter sehe ich kaum noch. Ihre Lebensräume werden durch die chemische Überdüngung der Felder immer mehr zerstört. Je spezialisierter ein Falter ist – wie zum Beispiel der Wiesenknopf-Ameisenbläuling, dessen Raupe auf eine einzige Pflanze angewiesen ist –, desto mehr ist er bedroht.
Warum ist es so wichtig, dass Menschen wie Sie diese Zählungen vornehmen?
Weil wir Daten sammeln, die sonst keiner sammeln würde. Diese Daten können die Grundlage für politische oder behördliche Entscheidungen sein, wenn wir zum Beispiel nachweisen, dass manche Arten auf der Roten Liste stehen.
Sie haben sich auch zum Schmetterlings-Guide ausbilden lassen.
Ja, ich biete Führungen an und halte Vorträge. So kann ich das Wissen, das ich mir über die Jahre angeeignet habe, weitergeben.
Was kann jeder tun, damit nicht noch mehr Schmetterlinge sterben?
Am besten heimische Pflanzen aussäen. Falter mögen Kräuter wie Lavendel oder Thymian, Phlox, Wilde Malve, Disteln, Sommerflieder, Brombeeren, aber auch Brennnesseln. Und bitte keine Kunstdünger oder Pestizide verwenden und Bio-Lebensmittel einkaufen.
Lebensräume werden vernichtet
■ Worum geht’s?
In der Bürgerwissenschaft können Laien aktiv bei Projekten und Studien mithelfen. Sie dokumentieren Pflanzen, kartografieren Ameisenhügel, melden Hagelfälle...
■ Wer macht da mit?
Zum Beispiel die Pädagogin Antje Trapp-Frank (71) aus Tübingen. Seit 2007 ist sie beim "Tagfalter-Monitoring" dabei.
Jeder kann mitmachen
■Die Forschung ist angewiesen auf ehrenamtliche Amateurwissenschaftler. Die sogenannten Citizen-Science-Projekte dienen dazu, den Umfang an wissenschaftlich validierten Daten zu erhöhen. Die zentrale Plattform: "mit:forschen! Gemeinsam Wissen schaffen" informiert über aktuelle Projekte. 270 sind es zurzeit.
Infos: www.mitforschen.org Fotos: Guido Ohlenbostel