Rubrik im PS: | Geisteswissenschaften / Gesellschaftswissenschaften / Politikwissenschaften / Bildungswissenschaften |
Autor: | k.A. |
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IAQ : Niedriglohnrisiko 2022 gesunken
Laut einer Studie von Forschenden der Universität Duisburg-Essen ist das Risiko, für einen sehr geringen Verdienst zu arbeiten, vor allem in Westdeutschland wegen des gestiegenen Mindestlohns gesunken.
Duisburg-Essen ( iaq / sth ). Das Risiko, hierzulande für einen Niedriglohn zu arbeiten, ist zwischen 2021 und 2022 um fast zwei Prozentpunkte auf 19 Prozent gesunken. Der vermutliche Grund: die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro im Jahr 2022. Vor allem in Westdeutschland zeige sich ein deutlicher Rückgang, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation ( IAQ ) der Universität Duisburg-Essen.
Für den neuen IAQ -Report zum aktuellen Stand der Niedriglohnforschung analysierte Studienautor Thorsten Kalina vor allem die jährlichen Zahlen des sozio-oekonomischen Panels ( SOEP ) für 2022. Im Mittelpunkt seiner Auswertung stand dabei die Frage, wie sich der Umfang der Niedriglohnbeschäftigung verändert hat und wie sich dies auf einzelne Beschäftigtengruppen auswirkt. Der Anteil der Niedriglohnbeschäftigung erreichte in Deutschland demnach in den Jahren 2009 bis 2011 einen Höchststand von rund einem Viertel (24 Prozent) aller Beschäftigten.
Erst seit 2018 - drei Jahre nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns Anfang 2015 - sei die Anzahl der Niedriglohnbeschäftigten und deren Anteil an der Gesamtbeschäftigung erstmals erkennbar gesunken (21,2 Prozent), so Kalina. Zwischen 2021 und 2022 ging das Niedriglohnrisiko in Gesamtdeutschland der Studie zufolge von 20,9 auf 19 Prozent weiter zurück. "Bemerkenswert ist vor allem, dass sich dieser Rückgang sehr deutlich in Westdeutschland bemerkbar macht (von 19,9 auf 17,9 Prozent), während frühere Rückgänge vor allem mit der Angleichung der Ost-Löhne an das Westniveau erklärt werden konnten", sagte Kalina.
Vor allem Zugewanderte und befristet Beschäftigte profitieren
Die Auswertungen des IAQ -Forschers zeigen zudem, dass sich im Zeitraum der Mindestlohnerhöhung auf 12 Euro das Niedriglohnrisiko für einen Teil der besonders stark von Niedriglöhnen betroffenen Gruppen reduziert hat, zum Beispiel für Zugewanderte oder befristet Beschäftigte. Bei Geringqualifizierten, Frauen, Jüngeren, Älteren oder Minijobber sei dagegen nur ein unterdurchschnittlicher Rückgang des Niedriglohnrisikos festzustellen, so Kalina. Ein überdurchschnittlicher Rückgang zeige sich eher bei Hochqualifizierten, mittleren Altersgruppen, Männern oder gut bezahlten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
"Es ist fraglich, ob eine abermalige Erhöhung des Mindestlohns dazu geeignet ist, den Niedriglohnsektor weiter zu verkleinern, und ob sie andererseits besonders betroffenen Beschäftigtengruppen helfen würde, ein Lohnniveau oberhalb der Niedriglohnschwelle zu erreichen", so der Arbeitsmarktforscher. "Die internationale Mindestlohnforschung wie auch eigene Studien zeigen vielmehr, dass der Umfang der Tarifbindung einen deutlich stärkeren Einfluss auf den Umfang der Niedriglohnbeschäftigung in einem Land hat als die Existenz oder Höhe eines gesetzlichen Mindestlohns." Kalina plädiert daher für eine Ausweitung der Tarifbindung, um den Niedriglohnsektor hierzulande auch zukünftig weiter zu verkleinern.