Rubrik im PS: | Universitätsallianz Ruhr / Research Alliance Ruhr |
Autor: | Thomas Mader |
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USA unter Trump: Schüler und Studenten sorgen sich um Austausch
Ruhrgebiet. Austauschprogramme melden, dass erste Schüler nach Kanada ausweichen. Aber wird es wirklich einen Trump-Knick geben?
Willkür bei den Einreisekontrollen, Touristen im Abschiebeknast, der Feldzug gegen Universitäten und Diversität, ein, das politisch motivierte Gewalttaten möglich erscheinen lässt: Die Lage in den USA ist ernst. Aber ist sie so ernst, dass man die geplante Austauschreise absagen sollte? Das ist die Frage, die derzeit alle Betroffenen umtreibt: Schüler und Studenten sowie ihre Eltern, Wissenschaftler und natürlich die Organisatoren der Austauschprogramme.
"Alle beobachten die Lage und rechnen damit, dass die wissenschaftsfeindliche Politik der USA Auswirkungen auf Kooperationen haben könnte", erklärt Jens Wylkop, Sprecher der Ruhr-Uni Bochum. Das sei auch die Einschätzung des Verbindungsbüros der Universitätsallianz Ruhr (der außerdem die Unis Essen-Duisburg und Dortmund angehören). Aber, so sagt Wylkop: "Es ist noch zu früh, um das genaue Ausmaß abzuschätzen."
Mit keinem Land sind die deutschen Schulen und Hochschulen so verflochten wie mit den USA. Allein die Technische Universität Dortmund unterhält Kooperationen mit 27 Hochschulen zwischen New Jersey und Berkeley. Die Uni Bochum zählt 17, Essen-Duisburg immerhin sieben Partnerunis.
Auch für den Schüleraustausch sind die USA mit weitem Abstand das beliebteste Ziel. 4.700 Reisen in die Vereinigten Staaten zählte die Weltweiser-Studie zuletzt (Gruppenreisen und von Schulen selbst organisierte Projekte nicht eingerechnet). Das sind doppelt so viele wie nach Kanada, das auf dem zweiten Platz steht, und Großbritannien als beliebtestes europäisches Ziel kommt auf nicht einmal 900.
"Wir sind mit dem Auswärtigem Amt im Kontakt und beobachten die Lage intensiv und täglich", erklärt auch Anne von Fircks für den Arbeitskreis gemeinnütziger Jugendaustausch (AJA), über den Rund ein Fünftel aller Austauschreisen in Deutschland läuft. Das Amt hat vor wenigen Tagen: "Vorstrafen in den USA, falsche Angaben zum Aufenthaltszweck oder eine auch nur geringfügige Überschreitung der Aufenthaltsdauer bei Reisen können bei Ein- beziehungsweise Ausreise zu Festnahme, Abschiebehaft und Abschiebung führen", heißt es nun. Und wie bisher: "Es besteht weiterhin eine erhöhte ."
Hintergrund sind mindestens drei Fälle, in denen Deutsche scheinbar willkürlich festgenommen und zum Teil abgeschoben wurden - obwohl alle Papiere in Ordnung waren. Fabian Schmidt etwa lebt seit 2007 in den USA, vor etwa zwei Wochen wurde der Green-Card-Inhaber nach einer Luxemburgreise inhaftiert. Ein altes Drogendelikt könnte der Hintergrund sein. Schmidt war zehn Jahre zuvor mit Cannabis erwischt worden, der Fall wurde damals eingestellt. Das Auswärtige Amt weist darauf hin: "Die endgültige Entscheidung über die Einreise trifft der US-Grenzbeamte ... Gegen dessen Entscheidung gibt es keinen Rechtsbehelf."
"Die USA sind nach wie vor sehr beliebt. Einige Schülerinnen und Schüler weichen aber tatsächlich in Richtung Kanada aus", erklärt Anne von Fircks für den Arbeitskreis gemeinnütziger Jugendaustausch (AJA), über den Rund ein Fünftel aller Austauschreisen in Deutschland läuft. "Diesen Trend konnten wir auch schon in der ersten Amtszeit von Trump beobachten." Es gehe aber nur um wenige Prozentpunkte.
Solche Anzeichen können die Unis im Ruhrgebiet noch nicht erkennen, noch haben keine Studierenden abgesagt. Und "Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler pflegen meist etablierte Kontakte", erklärt eine Sprecherin der Uni Duisburg-Essen. "Hier konnten wir bisher auch keinen Rückgang des Interesses wahrnehmen."
Auch Mike Pilewski sieht noch keinen Trendwechsel. Seit zehn Jahren organisiert er den Studentenaustausch des Verbandes der Deutsch-Amerikanischen Clubs (VDAC): "Die Studierenden, die wir im August in die USA schicken, hatten sich schon vor der Präsidentschaftswahl beworben." Die, welche gerade in den USA sind, seien "auf ihren Alltag fokussiert und haben bis jetzt nichts Negatives gemeldet".
Ein echtes Problem haben allerdings Menschen mit dem Geschlechtseintrag "divers". Das Akademische Auslandsamt der Uni Duisburg-Essen weist bei seinen Beratungen darauf hin, dass das dies bei Visa-Anträgen zur Nicht-Bearbeitung führt. Die Schüler-Organisation AJA rät Jugendlichen und ihren Eltern nicht grundsätzlich ab, erklärt Anne von Fircks. "Wir beraten individuell und wägen sorgfältig ab, welche Herausforderungen es geben könnte".
Die Trump-Regierung hat bereits massiv Gelder für Forschungsprojekte und Stipendien gestrichen und behält auch Bundesmittel einzelner Unis ein, um Forderungen durchzudrücken. So strich Trump der Columbia University bereits 400 Millionen Dollar, weil angeblich jüdische Studenten nicht ausreichend geschützt würden. Allerdings will Trump auch, dass die Uni keine Minderheiten mehr fördert. Weitere fünf Milliarden Dollar werden als Druckmittel eingesetzt. Inzwischen schwenkte die Uni auf Regierungslinie ein.
Wie sich die aktuellen Kürzungen auswirken, könne man noch nicht sagen, erklärt Mike Pilewski. "Aber mehrere US-Hochschulen haben bereits in den letzten Jahren Austauschprogramme wie unsere gekündigt oder eingeschränkt." Geisteswissenschaften und Fremdsprachen seien gekürzt, naturwissenschaftliche und technische Fächer ausgebaut worden. "Gleichzeitig wurden die Studiengebühren massiv angehoben." Dies mache ein Jahr im Ausland für amerikanische Studierende prinzipiell weniger attraktiv. Trotzdem gebe es aktuell wieder deutlich mehr Bewerbungen aus den USA. "Daraus könnten wir vielleicht, aber nur vielleicht, schließen, dass wieder Interesse besteht, eine internationale Perspektive zu gewinnen."
auch unabhängig mit ihren Partnerschulen. Hierüber gibt es zwar keinen Überblick, aber erste Berichte von Absagen. So sollen mehrere Bonner Gymnasien ihre längst geplanten Reisen abgesagt haben, meldet der Bonner Generalanzeiger. Den amerikanischen Partnerschulen seien die Mittel stark gekürzt worden.
Solche Fälle kennt man beim AJA auch nur aus den Medien. Allerdings befindet sich der Austausch mit den USA schon seit 15 Jahren im Sinkflug, wahrscheinlich weil die Lebenshaltungskosten und auch die Schulgebühren in den USA stark gestiegen sind. Früher reisten über 8000 Schüler im Jahr in die USA, heute nur noch etwas mehr als die Hälfte.