Print

Haller Tagblatt vom 14.02.2025, S. 17 (Tageszeitung / täglich außer Sonntag, Schwäbisch Hall)

       
Rubrik im PS:Print
Autor:Verena Köger
Auflage:12.829
Reichweite:29.892
Ressort:Landkreis HALL

"Es geht vor allem um Sichtbarkeit"

Politik Ellena Schumacher Koelsch kandidiert für Die Linke im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe. Die 38-jährige Hallerin setzt ihren Schwerpunkt auf die Themen Miete und soziale Sicherheit. Von Verena Köger

Wer wissen möchte, wie stressig ein Bundestagswahlkampf sein kann, der muss einfach nur die grauen Haare auf dem Kopf von Ellena Schumacher Koelsch zählen. Von denen hat die Hallerin nämlich in den vergangenen Monaten einige dazu bekommen, berichtet sie und lacht.

Die 38-Jährige tritt im Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe für Die Linke an. Zugegebenermaßen habe sie ein paar der unliebsamen Härchen bereits aus dem Landtagswahlkampf 2021 mitgebracht, bei dem sie ebenfalls kandidierte, den Einzug aber nicht schaffte.

Darum ging es der Sozialarbeiterin 2021 auch gar nicht, und das gilt auch dieses Mal. "Ich mache reinen Unterstützungswahlkampf", damit die Linke die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug in den Bundestag schafft. "Das kriegen wir hin", ist die Kandidatin überzeugt. "Sechs wären natürlich sagenhaft."

Nach den aktuellen Umfragewerten kommt Die Linke punktgenau auf fünf Prozent. Für sie selbst würde sich Schumacher Koelsch über drei Prozent freuen. "Fünf wären natürlich noch besser", sagt sie mit einem Schmunzeln. Bei den Landtagswahlen 2021 erreichte Schumacher Koelsch 3,3 Prozent im Wahlkreis Hall.

Fast verdoppelt

Auf kommunaler Ebene konnte die Hallerin bereits mit ihren Wahlergebnissen überzeugen. 2019 kandidierte Schumacher Koelsch für den Gemeinderat und den Kreistag. Sie schaffte den Einzug in beide Gremien und wurde 2024 jeweils mit fast doppelt so vielen Stimmen wie 2019 bestätigt. "Es kommt wahrscheinlich darauf an, wie man auftritt", erklärt sie sich den Zuspruch, vor allem aus ihrer Heimatstadt. Sie hebt aber gleichzeitig die gute Zusammenarbeit im Kreisverband hervor. "Wir schaffen es, immer wieder Themen in der Öffentlichkeit zu platzieren."

Wie auch schon bei der Landtagswahl ist Schumacher Koelsch begeistert von den Gesprächen mit den Wählerinnen und Wählern. Sie ist überzeugt davon, dass die Menschen nicht uninteressiert sind – Stichwort Politikverdrossenheit – sondern, dass der Großteil "keinen Zugang zur Politik" findet und "nicht versteht, was die Parteien wollen". In diesem Zusammenhang übt die 38-Jährige auch Kritik am Wahlprogramm ihrer eigenen Partei, das "sehr unverständlich" und umfangreicher geworden sei als ursprünglich gewollt.

Verbindung schaffen

Bei der Linken gehe es im Wahlkampf vor allem um "Sichtbarkeit", erklärt die Sozialarbeiterin. Das bedeute nicht, 500 Plakate aufzuhängen, sondern "dass die Menschen ein Gesicht zu unserem Programm haben". Für kleine Parteien sei es umso wichtiger, eine Verbindung zu den Wählerinnen und Wählern zu schaffen. "Wir haben keinen Scholz oder Habeck."

Die Linke habe sich bereits nach der Kommunalwahl 2024 erste Gedanken zur Bundestagswahl gemacht und einen "Plan 2025" aufgestellt. Dabei wurden auch zwei zentrale Themen für den Wahlkampf festgelegt: Miete und soziale Sicherheit. Das seien auch die beiden Punkte, die am häufigsten, in den Gesprächen genannt werden.

"Wir müssen Leute unterstützen, die bauen wollen und Anreize für Bauträger bieten, sozialen Wohnraum zu schaffen." Wohnraum sei allgemein knapp, jener zu "erträglichen Preisen" sowieso. Sie gehe immer mal wieder auf Wohnungsbesichtigungen in Hall, um sich über das aktuelle Mietpreisniveau zu informieren. Die Kaltmiete bei Neubauten komme auf zwölf bis 16 Euro pro Quadratmeter. Schumacher Koelsch bedauert, dass viele Kommunen in der Vergangenheit eigene Immobilien verkauft hätten, weil sie Geld brauchten. "Diese Immobilen hätten man für sozialen Wohnraum einsetzen können."

In puncto "faire Löhne" nimmt die Kreis- und Stadträtin die Kommunen in die Pflicht. Sie sollen "Vorbild sein" und Aufträge nur an Firmen vergeben, die ihre Mitarbeiter tarifgebunden bezahlen. "Das sollte sogar verpflichtend sein." Sie verweist auf das Gipfeltreffen der Weltmarktführer, das kürzlich in Hall stattfand. "Da hätte ich ja gerne mal Mäuschen gespielt. Diejenigen, die da drin sitzen, arbeiten nicht unter prekären Bedingungen."

Mit Bezug auf den Fachkräftemangel spricht Schumacher Koelsch ein aus ihrer Sicht "grundlegendes Problem" an: "Immer mehr junge Menschen verlassen die Schule ohne Abschluss. Es gibt viele Schülerinnen und Schüler mit diffizilen Problemen. Gerade diese jungen Leute sollen später mal das Wirtschaftswachstum in Deutschland fördern." Deshalb dürften sie nicht vergessen werden.

Laut Schumacher Koelsch braucht es für Betriebe, dies sich der Ausbildung dieser Jugendlichen anzunehmen. Die Mutter eines elfjährigen Sohns findet auch, dass eine Ausbildung nicht in drei Jahren "durchgezogen" werden muss, sondern auch in Teilzeit möglich sein könnte.

Schumacher Koelsch treibt weiterhin um, dass der Landkreis Hall zu den ältesten in Baden-Württemberg gehöre. Deshalb müssten mehr Angebote und Betreuungsformen für Senioren geschaffen werden, auch in Verbindung mit jungen Menschen und Geflüchtete. Die Hallerin bemängelt, dass zu viele Pflegeeinrichtungen privat geführt würden und sich die Betreiber eine "goldene Nase" daran verdienen. Am besten sei, wenn die Impulse aus der Kommunen heraus kommen und dann geeignete Partner ins Boot geholt werden.

Info Mit diesem Porträt endet die Vorstellungsrunde der hiesigen Kandidaten für die Bundestagswahl. Alle Bewerber der im Bundestag vertretenen Parteien wurden in einem Artikel mit exakt gleicher Länge vorgestellt. Für alle anderen Kandidaten gab es ein kürzeres Porträt.


Auch in:
Hohenloher Tagblatt • Rundschau für den Schwäbischen Wald